Einsatzgebiet von Beatrix Lenzen ist das Nordviertel

"Quartiermeisterin" mit Konzept
Von Dorothée Schenk [25.02.2016, 08.27 Uhr]

So viel Leben wie bei der Eröffnung wird sicher nicht immer im Stadtteilzentrum Nordviertel sein. Aber es war ein gelungener Anfang. Für die Entwicklung des Zentrums und die so genannte Quartiersarbeit ist Beatrix Lenzen im Einsatz. Im Auftrag der Stadt Jülich wird sie ihre Aufgabe ausüben. Im Interview erklärt sie, was die erreichten und noch anzustrebenden Ziele sind.

Beatrix Lenzen. Foto: Stadt Jülich

Beatrix Lenzen. Foto: Stadt Jülich

Welche Voraussetzungen bringen Sie für diese anspruchsvolle Aufgabe mit?

Beatrix Lenzen: Ich bin studierte Diplom Sozialarbeiterin/ Sozialpädagogin und seit September 2012 im Amt für Familie, Generationen und Integration Mitarbeiterin für Sozialplanung. Meine Aufgabe wird sein, das Stadtteilzentrum in den nächsten zweieinhalb Jahren zu leiten, zu koordinieren und Projekte zu initiieren, aber immer gemeinsam mit anderen. Meine Erfahrungen im Aufbau von Netzwerken, in der Seniorenarbeit aber auch in der Arbeit mit Migrantinnen und Migranten und Familien helfen mir bei der neuen Aufgabe. Ein großes Projekt, welches ich bereits in der Stadt leite, ist die „Lokale Allianz für eine demenzfreundliche Stadt Jülich“.

Ursprünglich war das Stadtteilzentrum ja in Nordviertels Einkaufszeile an der Sales-Kirche eingerichtet. Wie kam es zu dem Umzug in die „untere“ Nordstraße 39?

Beatrix Lenzen: Das ist manchmal so mit den glücklichen Zufällen: Frau Schöngens, der die Räume gehören, ist ehrenamtlich beim Seniorenreparaturdienst tätig. Das Team traf sich immer mit 14 bis 15 Leuten in dem kleinen Raum des ersten Stadtteilbüros. Sie hat der Stadt die Räume der ehemaligen Eisdiele angeboten. Ich bin dann spontan mitgegangen, um es mir anzusehen, und habe sofort gewusst: das ist es.

Warum sind die größeren Räume wichtig?

Beatrix Lenzen: Der damalige Raum hat keine konzeptionelle Veränderung zugelassen. Er war einfach viel zu klein. Nach dem Tod von Herrn Rücker habe ich im Auftrag von Frau Esser (Dezernentin zuständig für das Amt für Familie, Generationen und Integration, Anm. d. Red) eine Bestandsaufnahme gemacht: Wer kommt dahin? Was wird in Anspruch genommen? Es war überwiegend so, dass Menschen kamen, um sich gelbe Säcke zu holen – das können sie auch hier. Darum habe ich mir Gedanken gemacht, wie wir das Projekt weiterentwickeln können und ein Konzept geschrieben, das der Stadtrat im letzten März zur sukzessiven Umsetzung beschlossen hat. Zeitgleich ist das Förderprogramm „Altengerechte Quartiere.NRW“ aufgelegt worden und wir haben uns mit dem Konzept beworben – und wurden mit unserem Projekt am 1.1. in dieses Förderprogramm aufgenommen.

Was beinhaltet das Konzept?

Beatrix Lenzen: Wir wollen im Rahmen der altengerechten Quartiersentwicklung die Grundlage dafür schaffen, dass auch alte Menschen ihre Entscheidung, wo sie wohnen, also sich zu Hause fühlen, unabhängig treffen können von Krankheit und Pflegebedürftigkeit. Der mehrheitliche Wunsch der Menschen ist, das eigene Leben auch im Alter in der vertrauten Umgebung und den eigenen Vier-Wänden gestalten zu können. Das Konzept basiert auf einem partizipativem Ansatz, also Nachbarschaft bedeutet persönliche Netzwerke, die im Laufe des Lebens entstanden sind. Diese zu unterstützen und auszubauen, auch professionelle und ehrenamtliche Unterstützungsangebote einzubinden und zu vernetzen, das sehen wir als unsere Aufgabe. Dazu gehört auch immer, Möglichkeiten der Begegnung zu schaffen im Wohnquartier.

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Wann ist für die Menschen im Nordviertel das neue Stadtteilzentrum geöffnet?

Beatrix Lenzen: Wir werden ab 1. März hier offiziell starten und dann werden die Öffnungszeiten bekannt gegeben.

Trotzdem finden doch bereits Aktivitäten hier statt?

Bereits in der Übergangsphase wurden in diesen Räumen Beratungen angeboten. So ist einmal in der Woche der Senioren-Reparaturdienst hier, der auch am Telefon Aufträge entgegen nimmt und sich mit dem Team mittwochs zwischen 10 und 11 Uhr trifft. Eingezogen sind ebenfalls schon die Demenzlotsen und bieten donnerstags von 16.30 bis 18 Uhr Beratungen an, beide Hilfsangebote können zu diesen Zeiten auch vor Ort in Anspruch genommen werden; der Singkreis vom Seniorenbeirat hat alle 14 Tage nachmittags hier seine Probezeit und der ehrenamtlichen Einkaufsdienst des Seniorenbeirates hat hier auch seine Heimat. Dazu haben wir einmal im Monat – immer am 1. Dienstag – die Beratung der Betreuungsstelle des Kreises Düren im Stadtteilzentrum zu Gast. Auch dies ist ein Angebot in Kooperation mit dem Seniorenbeirat.Sie fand früher im Rathaus statt, aber durch die Umzüge gab es keine Räumlichkeiten mehr für diese Projekte. Das ist die Grundidee, die wir umsetzen: Wenn wir wirklich etwas beleben wollen, ist es wichtig, dass wir die Angebote hierher holen. Zug um Zug wollen wir aber auch andere externe Beratungsangebote noch mit hinein holen, mit denen wir jetzt schon Kontakt haben und zum Teil auch schon kooperieren.

Zum Beispiel?

Beatrix Lenzen: Erstmalig wird am 4. März die Selbsthilfe-Kontaktstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes die Räume nutzen. Frau Viehöfer-Braun hat künftig den Freitagvormittag bis 12.30 Uhr als festen Termin. Außerdem ist geplant, dass wir etwas für die Menschen tun, die zugewandert sind und hier leben. Wir haben jetzt auch eine ganze Reihe Menschen, die aus Fluchtgründen hierher gekommen sind und Wohnungen iim Nordviertel bezogen haben. Für sie möchten wir niederschwellige Sprachkurse anbieten. Das mache ich natürlich nicht selbst, ich koordiniere das mit dem AK Asyl Jülich und anderen. Dadurch, dass wir hier eine Küche haben, die uns gespendet worden ist, können wir ein weiteres Angebot machen: Wir möchten einmal in der Woche – mir schwebt der Donnerstag vor – einen Mittagstisch anbieten, für die älteren Menschen „denen der Appetit alleine vergeht“, wie es Frau Esser so schön formuliert hat. Da werde ich jetzt ein Ehrenamtler-Team zusammenstellen, die Lust haben, sich da einzubringen.

„Quartiersentwicklung“ klingt ja eher konzeptionell. Sind auch hier Projekte vorgesehen?

Beatrix Lenzen: Was stattfinden soll, sind regelmäßige Treffen für die Quartiersentwicklung. Ich nenne das mal eine Art Stammtisch, wo man sich regelmäßig austauschen kann, was gebraucht wird. Das ist ja der Plan, zu gucken, was die Menschen im Nordviertel brauchen und dann daraus Projekte gemeinsam zu entwickeln, zivilgesellschaftliches Engagement anzustoßen. Das wird immer wichtiger, denn es gibt viele Menschen, die bereits im Ruhestand sind und nicht mehr arbeiten, und Menschen, die zugewandert sind, und noch nicht arbeiten dürfen oder keine Arbeit haben. Das Ziel ist, sie ehrenamtlich einzubeziehen und ihnen die Möglichkeit zu geben, hier etwas sinnvolles zu tun. Es kann durchaus sein, dass wir nach einer Quartierskonferenz Arbeitsgruppen bilden zum Beispiel zu barrierefreiem Wohnen, oder um Nachbarschaftshilfe im Nordviertel aufzubauen…

Tatsächlich ist das „Zentrum“ ja ziemlich am letzten Zipfel des Nordviertels angekommen. Wie sollen die Menschen sie erreichen?

Beatrix Lenzen: Wir haben das Glück, dass wir den Bürgerbus haben. Ich möchte mich sehr dafür einsetzen, dass wir quasi vor der Türe eine Haltestelle bekommen. Das geht nicht einfach so, da gibt es bestimmte Regularien, aber die Beratungsangebote sind ja nicht nur für die Menschen im Nordviertel gedacht, sie stehen allen Jülichern offen. Das ist genau so gewollt. Das Stadtteilzentrum Nord ist ein Modellprojekt. Die Erfahrungen, die wir hier sammeln, wollen wir dafür nutzen, zu sehen, wie es in Jülich im demografischen Wandel weitergehen könnte, wie wir unsere Stadt demografiefest weiterentwickeln können. Realisiert ist ja bereits auf einigen Dörfern das Netzwerk ambulanter Hilfen - NAH. Alles steht unter dem großen Dach: Leben im Alter in Jülich - demografischer Wandel. Wenn diese Inhalte vernünftig auf den Weg gebracht werden und Menschen dabei sind, die die Inhalte mittragen und die Umsetzung anpacken, dann kann man auch diesen Standort beleben. Ich habe da keine Sorge. Ich bin mir sicher: die Menschen werden hierher kommen.

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