Frank Peter Ulrich von SPD- und CDU-Mitgliedern gewählt

Erster Bürgermeisterkandidat steht fest
Von Dorothée Schenk [14.03.2015, 18.28 Uhr]

Seit Freitag, dem 13., gegen 21.30 Uhr sind Fakten geschaffen: CDU und SPD haben einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten. Frank Peter Ullrich, 45-jähriger Diplom-Verwaltungswirt, Betriebswirt und zertifizierter Fachjurist, ist von Mitgliedern beider Parteien im ersten Wahlgang gewählt worden. Damit steht der erste Name fest, den die Jülicher im September bei der Bürgermeisterwahl ankreuzen können.

Das ist funktionierende große Koalition: CDU-Chef Elmar Fuchs (sitzend rechts) tritt das Rednerpult an SPD-Chef Marco Maria Emunds ab, der auch vor dem CDU-Plakat die richtigen Worte findet.

Das ist funktionierende große Koalition: CDU-Chef Elmar Fuchs (sitzend rechts) tritt das Rednerpult an SPD-Chef Marco Maria Emunds ab, der auch vor dem CDU-Plakat die richtigen Worte findet.

Der erste Schritt ist getan, um den Wandel in Politik und Verwaltung herbeizuführen, Davon sind die beiden Parteivorsitzenden Elmar Fuchs (CDU) und Marco Maria Emunds (SPD) überzeugt. Viel Erleichterung war nach dem Wahlergebnis an den Gesichtern abzulesen. Wie zu erwarten gaben die SPD-Mitglieder mit 91-Prozentiger Zustimmung ein klares Votum ab. Die CDU-Zustimmung betrug immerhin über 50 Prozent.

Einen langen Prozess haben die Parteien der großen Koalition hinter sich, der schließlich in dem in NRW einzigartigen Ereignis gipfelt, wie es CDU-Chef Elmar Fuchs formulierte. Nämlich, dass zwei Parteien an einem Standort tagen, um den gemeinsamen Kandidaten zu küren. Eine achtköpfige Findungskommission, paritätisch mit Mitgliedern der Fraktionen besetzt, hatte sich mittels eines umfangreichen Fragenkatalogs und gemeinsam festgelegten Kriterien im Februar für den Mann mit SPD-Parteibuch aus Arnoldsweiler entschieden.

Ein Findungs-Ergebnis, das bei einigen CDU-Mitgliedern auf Protest stieß. Sichtbar wurde es durch gleich drei „Gegenkandidaten“ aus CDU-Reihen, nämlich Heinz-Peter Braumüller, Helmuth Hoen und Michael Lingnau. Sie stellten sich am Wahlabend ebenfalls als Bürgermeisterkandidaten vor. Allen drei Reden gemeinsam war, dass sie sich – mehr oder weniger vehement – gegen einen Kandidaten aus der SPD sprachen, und sich auf ihre Verbundenheit mit Jülich als ihre Heimat beriefen.

Heinz-Peter Braumüller, bei der Job-Com Rhein-Erft beschäftigt, 40 Jahre, gebürtiger Jülicher mit Wohnsitz in Lich-Steinstraß und seit 1994 Mitglied der Christdemokraten und seit 1999 Kreistagsmitglied seiner Partei, warb für sich und versprach oberster Dienstherr der Bürger zu werden, sich für Vereine und Wirtschaft Zeit zu nehmen, mit den Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen, um deren Ideen und Verbesserungen aufzugreifen, sich inhaltlich zu positionieren und Lösungsansätze in den Mittelpunkt zu stellen - „konsequent und freundlich“, das sei sein Leitwort. „Ich mache Ihnen heute Abend keine Versprechungen“, sagt Braumüller, er verspreche nur, was er auch halten könne.

Rechtsanwalt Helmuth Hoen, 42 Jahre alt, Vater dreier Kinder, gehört dem Stadtrat an und ist Vize-Vorsitzender der CDU im Nordviertel. Seine Verbundenheit mit Jülich dokumentierte der durch seine Mitgliedschaft in acht Vereinen; beim Verein Spielgruppe Fliegenpilz und dem Förderverein der Katholischen Grundschule sei er überdies Vorsitzender. Dem Stillstand in Jülich wolle er begegnen und brachte hier exemplarisch das brachliegende alte FH-Gelände vor. Bedenken äußerte Hoen, dass bei einem Kandidaten mit einer Anschrift aus Arnoldsweiler auf dem Stimmzettel automatisch die Verwaltungskandidaten – er nannte Amtsinhaber Heinrich Stommel oder, falls dieser nicht antrete, Dezernentin Katarina Esser – als Ortsansässige Heimvorteil hätten. Der nächste Bürgermeister solle aber ein engagierter Politiker und kein Technokrat sein, betonte Hoen.

„Quo vadis Jülich?“ stellte Michael Lingnau, Rechtsanwalt, Vorsitzender des SC Jülich 1910/97, im Vorstand des Sonnenweg e.V. und der Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz e.V., seine Eingangsfrage. Seit dem 16. Lebensjahr sei die CDU seine politische Heimat, für die er einstehe und stellte dies mit Leidenschaft in den Mittelpunkt seiner Kandidaten-Bewerbung. „Wir brauchen Originale, keine Kopien“, sagte er und setzte nach, auch keine Leihgaben von der SPD. Ein SPD-Kandidat sei im Falle des Scheiterns der großen Koalition unkalkulierbar.

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Das Parteibuch von Frank Peter Ullrich spielte bei der Nominierung als Bürgermeisterkandidat keine Rolle. Bei einem Wahlsieg will er seine SPD-Mitgliedschaft ruhen lassen, um überparteilich zu sein.

Das Parteibuch von Frank Peter Ullrich spielte bei der Nominierung als Bürgermeisterkandidat keine Rolle. Bei einem Wahlsieg will er seine SPD-Mitgliedschaft ruhen lassen, um überparteilich zu sein.

Sachlich, souverän und gut vorbereitet präsentierte sich Frank-Peter Ullrich als letzter Redner bei der CDU, 45 Jahre alt, Vater zweier Töchter, seit 23 Jahren Mitglied der SPD. Neben seiner Qualifikation, Verwaltungswirt, Betriebswirt und Fachjurist, führt er seine erworbene Fachkompetenz mit 26 Dienstjahren – meist mit Führungsverantwortung – im Bundeskriminalamt, Bundesverfassungsschutz und Bundesamt für Güterverkehr, mit Lehrauftrag in Arbeits- und Beamtenrecht in Brühl, sowie dem Innenministerium in Düsseldorf vor Augen. Außerdem war er bei der Kreispolizeibehörde Düren und zwei Monate auch bei der Kriminalpolizei in Jülich tätig. Politisch aktiv als Ratsmitglied in Düren und ehrenamtlich unter anderem beim Kinderschutzbund engagiert, bekannte Ullrich sich als aktiver Karnevalist. Geschickt riss er die Themen Vereine, die „Zellen unseres Gemeinswesens“, Herausforderung von Familien und Eltern sowie heranwachsender Kinder an. Wegen der Verbundenheit in seine Heimatregion habe er seinen Wohnsitz in Düren-Arnoldsweiler stets beibehalten und lange Fahrtwege in Kauf genommen – 17 Autominuten nach Jülich seien daher keine Entfernung.

Glaubhaft wurde dies durch kompetente Äußerungen zum Thema Alt-Gelände FH, wenn er kritisierte, dass 400 Bauinteressenten bislang keine Auskunft über einen Zeitplan zur Ansiedlung ihrer Unternehmen erhalten hätten; beanstandete, dass auffallend viele Stabsstellen im Jülicher Rathaus bestünden und Entscheidungsprozesse zu lange dauerten. Bezahlbare Wohnungen in der Innenstadt, ein erstrebenswerter Wirtschaftskreislauf zwischen Geld verdienen und Geld ausgeben in der eigenen Stadt sowie die Nahversorgung und den Erhalt von Kindergarten- und Grundschulstandorten in den Dörfern formulierte Ullrich als weitere Ziele. Schließlich betonte er: „Ich werde das Amt überparteilich führen, pragmatisch und ohne ideologische Scheuklappen“ und dafür werde er während der Dauer seiner Amtszeit seine SPD-Mitgliedschaft ruhen lassen.

Frank Peter Ullrich überzeugte. Von 106 gültigen Stimmen der CDU errang er 56 und konnte sich damit gegen Heinz-Peter Braumüller (11 Stimmen), Helmuth Hoen (24 Stimmen) und Michael Lingnau (15 Stimmen) deutlich durchsetzen.

Mit dieser Kandidatur ist die Bewerberliste für das Bürgermeisteramt allerdings noch nicht geschlossen. Wenn bis zum 7. Juli Axel Fuchs und Sven Reichert jeweils 200 Unterstützer finden, werden sie nach eigener Aussage ebenfalls antreten. Finanzbeamter Axel Fuchs, 47 Jahre alt, Vater zweier Kinder, parteilos, der im ersten Anlauf bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr mit über 22 Prozent ein beeindruckendes Ergebnis in seinem Wahlbezirk Nordviertel erzielte, wird am kommenden Samstag, 21. März, erstmals um Unterstützer für seine Kandidatur werben. In der Kölnstraße, Ecke Baierstraße lädt Fuchs von 10 bis 13 Uhr zum Wahlkampf-Auftakt und zur Unterschriftsabgabe. Via Facebook ist Sven Reichert, 26 Jahre, ledig, Wirtschaftsfachwirt aus Jülich derzeit auf Unterstützer-Suche. Aktuell, so ist zu lesen, hat er bereits 110 Unterschriften für seine Kandidatur erhalten.

Erst etwa sechs Wochen vor dem Urnengang muss der amtierende Bürgermeister Heinrich Stommel mitteilen, ob er sich um eine vierte Amtszeit bewirbt. Ob es beim Kandidaturverzicht weitere Bewerber aus der Verwaltung gibt, ist offiziell nicht bekannt.

Einig sind sich - auch an diesem Abend – offenhörbar viele in Jülich: „Es ist Zeit für einen Wandel“.

Zur Antrittsrede von Frank-Peter Ullrich


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