Schwimmen nur noch in der City
Von Dorothée Schenk [26.09.2014, 08.00 Uhr]

Nicht wieder in Betrieb genommen wird das Lehrschwimmbecken Koslar…

Nicht wieder in Betrieb genommen wird das Lehrschwimmbecken Koslar…

Die Lehrschwimmbecken in Koslar und Welldorf sind außer Betrieb und bleiben es. Mit 22 Ja-Stimmen der Koalitionspartner SPD / CDU und denen der FDP fiel diese Entscheidung in der jüngsten Ratssitzung. Der Schwimmunterricht aller Schulen im Jülicher Stadtgebiet soll künftig in den Hallenbädern von Jülich, Titz und Linnich stattfinden. Fassungslosigkeit herrschte bei den Eltern, die so zahlreich erschienen waren, dass die Türen zum benachbarten kleinen Sitzungssaal geöffnet werden mussten, um allen Gästen Raum zu schaffen.

Vorausgegangen war eine bisweilen hitzige und emotionale, von Helma Dürholz sogar als „unwürdig“ bezeichnete Debatte, in der noch einmal die Argumente des vergangenen Jahres zur Sprache gebracht wurden.

Kurz noch einmal die Fakten: Vor fast genau einem Jahr stellte Stefan Mersmann von der Firma bt plan sein Gutachten über den Zustand die Lehrschwimmbecken vor, wobei dem Koslarer Becken ein guter bauliche Zustand bescheinigt wurde, bei einer notwendigen Sanierung der Filteranlage für 160.000 Euro. „Nicht sanierungsfähig“ war dagegen das Urteil für das Welldorfer Becken. Hier wurden die notwendigen Reparaturen mit 90.000 Euro angesetzt und noch einmal auf 140.000 Euro erhöht, als die Vorschriften für die Normen zur Wasserqualität änderten. Eine Prognose, wie lange das Bad noch in Betrieb bleiben könne, wollte der Gutachter nicht geben.

Im Oktober 2013 entschieden die Ratsvertreter, die teure Sanierung zu vertagen und in Welldorf den Betrieb „so lange wie möglich“ aufrecht zu erhalten. In Sommer 2014 gingen die Türen des Welldorfer Lehrschwimmbeckens dann endgültig zu, als klar wurde, dass durch eine Sanierung der Filteranlage, die mit 25.000 Euro beziffert wurde, auch künftig keine DIN-Norm bei der Wasserqualität würde erreicht werden können. Eine Gefährdung für die Schwimmer, ließ das zuständige Kreisgesundheitsamt wissen, habe aber nicht bestanden.

Auf dieser Grundlage hatte die Verwaltung in der Sitzung des Planung-, Umwelt- und Bauausschusses Ende August den politischen Vertretern vorgeschlagen, im Nachtragshaushalt den Sperrvermerk für die Sanierung des Koslarer Beckens aufzuheben, die Arbeiten auszuführen und Welldorf zu schließen. Schon damals diskutierten die Fraktionen, ob nicht auch ausschließlich mit Schwimmzeiten im Hallenbad Jülich der vom Lehrplan vorgesehene „Mindestunterricht“ erteilt werden konnte. Die CDU rechnete vor, dass etwa eine Millionen eingespart werden könnte, wenn man die beiden Lehrschwimmbecken stilllegte. Man vertagte sich.

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Zur gestrigen Sitzung legte jede Fraktion einen eigenen Antrag vor.

Die große Koalition aus SPD und CDU brachte den – letztlich mehrheitlich befürworteten – Antrag durch Lambert Schmitz (CDU) ein, beide Lehrschwimmbecken zu schließen und den Schwimmunterricht in den Hallenbädern von Jülich, Titz und Linnich stattfinden zu lassen. Eine Entscheidung, die nach Aussage von Helma Dürholz (SPD), „wir seit Jahren vor uns herschieben“.
1 Millionen Gründe in Euro gab es für die Koalitionspartner. Es ist die Summe, die ungefähr eingespart werden könne, lege man die beiden anderen Bäder still. Der Wille, eine Lösung anzupacken, sei entscheidend; Flexibilität über die Parteigrenzen hinweg forderte Helma Dürholz und die Überarbeitung 20 Jahre alter Belegungspläne des Hallenbades.

Das Bewusstsein, eine unpopuläre Entscheidung zu fällen, die aber in die Zukunft gesehen die richtige sei, unterstrich Marco Johnen (CDU). Marco Emunds (SPD) rechnete vor, dass im Jahr 2030 auf zwei Pensionäre ein Erwerbtätigker käme, der die Kosten aufbringen müsse. Im Hinblick auf den demografischen Wandel sei eine Konzentration auf einen Standort richtig. Signifikanten Ausfälle des Schwimmunterrichts würden durch die Nutzung der Bäder in den Nachbarkommunen Titz und Linnich vermieden, erklärte Lambert Schmitz. Nach Zeitungsberichten sei laut Schmitz, unsere Region im Vergleich zu anderen sogar überdurchschnittlich gut mit Schwimmbädern versorgt. Angesicht dessen, dass die Stadt nicht einmal Geld für das Aufstellen von Spielgeräten hätte, garantiere die Konzentration „dass Jülich Schwimmstandort bleibt“, betonte Marco Johnen (CDU) und stellte in Kürze ein Koalitions-Konzept „Jedes Kind soll schwimmen lernen in Aussicht“.

Gegenteiliger könnte die Meinung nicht sein, als die der JÜL-Fraktion. Ihr von Heinz Frey vorgetragener Antrag lautete, beide Lehrschwimmbäder zu erhalten. Er war den Koalitionspartnern vor, Kosten für Busse, Lehrerstunden, Hallennutzungsgebühren, sowie die bauliche Unterhaltung der leeren Bäder nicht von der Einsparsumme abgezogen zu haben. Seinen Recherchen nach entstehen Kosten zwischen mindestens 35.000 Euro und bis zu 85.000 Euro im Jahr pro Schulstandort. „Sie vernichten nicht nur Immobilienvermögen, sie vernichten Sozialkapital“, war ein weiterer Anwurf und meinte damit das Engagement von Bürgern, den Willen zur Eigenleistung, die der parteilose Christian Klems, der ein Ratsmandat für die JÜL wahrnimmt, eingangs in Aussicht stellte. Klems berichtetet von Planungen zur Gründung eines Fördervereins in Welldorf, eines Benefiz-Events sowie der Bereitsschaft von ortsansässigen Firmen zu Sachleistungen und Arbeitseinsatz. Heinz Frey führt noch das Schwimmen als Gesundheitsmotor ältere Mitbürger ins Feld, die sich fit halten können sollten, wo sie wohnen. „An alle, die die Bäder schließen wollen: Sie schreiben heute Geschichte – aber negative“, mahnte Frey, das Wesen der Geschichte sei, dass sich die Folgen erst später zeigten.

Die Stadtverwaltung hielt an ihrem Vorschlag fest: Koslar sanieren, Welldorf schließen. Ihre Begründung war, dass alleine mit dem Hallenbad Jülich der Schwimmunterricht für die Jülicher Schüler nicht gedeckt werden könne, und – „überschlägig, nach ersten Berechnungen“, wie Dezernentin Katarina Esser betonte – 60.000 Euro wenn die Schulstandorte Koslar, Nord, Ost und KGS künftig nach Linnich oder/und Titz fahren müssen.

Die Grünen empfangen ihren Antrag als Kompromisslösung: Ihrer Ansicht nach sollte Welldorf zunächst mit geringstmöglichen Kosten wieder in Betrieb genommen werden und bei den Stadtwerken ein Konzept zur Erweiterung seines Lehrschwimmbeckens eingefordert werden mit der Option, dass „das Ergebnis ist, dass ein Neubau billiger ist.“

Einigen konnten sich alle Fraktionen darauf, dass durch die Stadtwerke ein Konzept erarbeitet werden sollte und dass man einer Bürgerinitiative zur Gründung eines Fördervereins Schwimmbad Welldorf unterstütze. Lediglich Dr. Helmut Schumacher (CDU) gab zu bedenken, dass er angesichts der Risiken sich schwer tun würde, privates Geld für dieses Projekt einzuwerben. „Ich würde es mir überlegen, ob ich hierfür die Verantwortung übernehmen wollte.“ Mit der - allerdings knappen - Ablehnung des Rates auch nicht die Summe von 15.000 Euro für die Heizungssanierung in Welldorf auszugeben ist allerdings die Möglichkeit einer Übernahme durch einen Förderverein ohnehin fraglich geworden.

Lesen Sie hierzu: Lesen Sie hierzu: Eintauchen ins Thema

Lesen Sie hierzu die Stellungnahme der Grünen

und Schwimmkurs-Gutscheine für Jülicher I-Dötzchen


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